News-Sammlung zum Thema Post-Mindestlohn und Mindestlohn allgemein
News-Sammlung zum Thema Post-Mindestlohn und Mindestlohn allgemein.
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In NRW gewinnen Unternehmen seit 01.05.2012 nur noch dann öffentliche Aufträge ab einem Volumen von 20.000 Euro, wenn sie ihren Mitarbeitern mindestens 8,62 Euro pro Stunde zahlen. Hintergrund ist das Tariftreuegesetz, das ab 01.05.2012 gilt.
[...](Quelle: Tariftreue- und Vergabegesetz Nordrhein-Westfalen - TVgG - NRW, Stand 10.01.2012)
§ 2
Anwendungsbereich; Begriffsbestimmung
[...]
(4) Öffentliche Auftraggeber im Sinne dieses Gesetzes sind die öffentlichen Auftraggeber im Land Nordrhein-Westfalen gemäß § 98 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, es sei denn sie führen die Vergabeverfahren im Namen oder im Auftrag des Bundes oder eines anderen Bundeslandes durch.
(5) Die §§ 3, 4 Absatz 1 sowie 17 und 18 gelten für alle öffentlichen Aufträge, soweit dieses Gesetz nach den Absätzen 1 und 2 anwendbar ist, unabhängig von der Höhe des jeweiligen Auftragswertes. Alle weiteren Vorschriften, mit Ausnahme des § 19, gelten nur für Aufträge ab einem geschätzten Auftragswert ohne Umsatzsteuer von 20.000 Euro. Bei der Schätzung der Auftragswerte ist § 3 der Vergabeverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. Februar 2003 (BGBl. I S. 169) in der jeweils geltenden Fassung entsprechend anzuwenden.
(6) Sollen öffentliche Aufträge gemeinsam mit Auftraggebern anderer Bundesländer vergeben werden, ist mit diesen zwecks Einhaltung der Bestimmungen dieses Gesetzes eine Einigung anzustreben. Kommt diese nicht zustande, so kann von den Bestimmungen abgewichen werden.
[...]
§ 4
Tariftreuepflicht, Mindestlohn
[...]
(3) Öffentliche Aufträge über Leistungen, die nicht den Vorgaben der Absätze 1 [Arbeitnehmerentsendung] und 2 [Personenverkehr] unterliegen, dürfen nur an Unternehmen vergeben werden, die sich bei der Angebotsabgabe durch Erklärung gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber schriftlich verpflichtet haben, ihren Beschäftigten (ohne Auszubildende) bei der Ausführung der Leistung wenigstens ein Mindeststundenentgelt von 8,62 Euro zu zahlen. Die Unternehmen müssen im Rahmen der Verpflichtungserklärung die Art der tariflichen Bindung ihres Unternehmens sowie die gezahlte Höhe der Mindeststundenentgelte für die im Rahmen der Leistungserbringung eingesetzten Beschäftigten angeben. Die Höhe des Mindeststundenentgeltes kann nach Maßgabe des § 21 durch Rechtsverordnung des für Arbeit zuständigen Ministeriums angepasst werden. [...]
Die Union hat sich zwischenzeitlich auf ein Mindestlohnmodell geeinigt. Das sieht vor, dass eine Kommission aus Arbeitgebern und Gewerkschaften sich auf eine Mindestlohnhöhe einigt, die überall dort gelten soll, wo es keinen Mindestlohn gibt oder wo ein abgelaufener Mindestlohnvertrag innerhalb von 18 Monaten nicht erneuert wurde. Die Kommission könne sich bei der Festlegung der Mindestlohnhöhe beispielsweise an den bestehenden Mindestlöhnen orientieren, meint die Union.
Die Regeln, die für die Zusammenstellung der Kommission und deren Einigung gelten sollen, entsprechen letztlich einer Losziehung.
Ein solcher Mindestlohn würde überhaupt mal eine allgemeine Lohn-Untergrenze in Deutschland einführen. Also sowas wie: Weniger als ein Apfel und ein Ei darf nirgends gezahlt werden. Das ist sicher sinnvoll, wenn man verhindern will, dass Stundenlöhne künftig noch weiter ins Bodenlose gedrückt werden, verändert aber an der Tatsache nichts, dass Mindest-Entlohnte häufig von ihrem Lohn nicht leben können und der Staat somit Arbeit (also die entsprechenden Geschäftsfelder und deren Gewinne) subventionieren muss, bestehende Mindestlöhne also jetzt schon oft viel zu niedrig sind.
Würde die Kommission sich potentiell auf mehr als einen Apfel und ein Ei einigen können, befürchtet Verdi, dass Unternehmen schnell noch mit Scheingewerkschaften Mindestlohnverträge abschließen würden.
Arbeitgeber melden zum Stichwort "Mindestlohn", wie üblich, dass er Arbeitsplätze vernichte. Auch wenn dies bislang nie eingetreten ist. Koalitionspartner FDP ist nicht einverstanden mit egal welchen allgemeinen Mindestlöhnen. Oppositionsparteien und Gewerkschaften bemängeln, dass das Modell zu kurz greift.
Die Länder Brandenburg, Bremen und Nordrhein-Westfalen haben in der 893. Sitzung des Bundesrates am Freitag 02.03.2012 einen Gesetzesentwurf vorgelegt, der unter anderem vorsah, dass die Wochenarbeitszeit bei Minijobs auf 12 Std. begrenzt wird. Der Bundesrat sollte beschließen, dass der Entwurf dem Bundestag vorgelegt wird.
Mit dem Gesetz sollte unter anderem die Ausbeutung von Minijobbern erschwert werden. Denn diese arbeiten nicht selten massenhaft Stunden für die 400 Euro und kriegen so einen extrem niedrigen Stundenlohn. Sie sind auch oft nicht darüber informiert, dass sie arbeitsrechtlich mit versicherungspflichtig Beschäftigten gleichgestellt sind und werden deshalb nicht selten z.B. um Lohnfortzahlung im Krankheitsfall geprellt.
In dem Entwurf wird vorgerechnet, dass bei einer Begrenzung auf 12 Std. pro Woche, die Minijobber 8,50 Euro pro Std. erhielten, wenn die 400 Euro voll ausgenutzt würden. 8,50 Euro ist der zurzeit vom Gewerkschaftsbund geforderte Mindestlohn. Sie multiplizierten ihn mit 12 Stunden, erhielten 102 Euro/Woche und fanden, dass das im Monat grob 400 Euro ausmachen würde.
Allerdings stimmt die Rechnung nicht. Denn ein Monat hat im Schnitt 4,35 Wochen, weshalb der Mindeststundenlohn, wenn 12 Stunden/Woche für das Maximum von 400 Euro verdient werden soll, nur 7,66 Euro betragen würde. (Rechnung: 4,35 Wochen x 12 Stunden = 52,2 Stunden ; 400 Euro : 52,2 = 7,66 Euro.) Zieht man Sonderzahlungen, wie etwa Urlaubsgeld vom 400-Euro-Maximum ab, auf das Minijobber in manchen Betrieben ebenfalls Anspruch haben, dann sinkt dadurch der Stundenlohn bei 12 Stunden/Woche entsprechend weiter.
Dass Stundenlöhne hübsch gerechnet werden, aber tatsächlich niedriger liegen, kennt man sonst nur von den Ausbeutern. Aber es hat wohl auch mit Flüchtigkeit und Konzentrationsmangel zu tun. Nichtsdestotrotz wäre ein Mindestlohn von rund 7,50 Euro bei Minijobs ja bereits ein riesiger Fortschritt.
Vielleicht bezweckte man - unausgesprochen - aber eigentlich etwas ganz anderes mit dem Gesetz, nämlich einen Einfluss zu bewirken, dass wieder mehr sozialversicherte Stellen geschaffen werden, anstatt immer mehr Minijobs, von denen es mittlerweile fast 7,3 Millionen (laut boerse-go.de und extremnews.com, 02.02.2012) gibt und die für viele mittlerweile die einzige Lohnquelle darstellen. Besetzte sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen gibt es rund 28,8 Millionen (Stand 12/2011 laut Arbeitsagentur). Demnach gibt es insgesamt ca. 36,1 Millionen Anstellungen, wovon jede fünfte ein Minijob-Verhältnis ist. (Noch unberücksichtigt sind hierbei solche geringfügigen Beschäftigungen, die keine Minijobs sind, wie etwa kurzfristige Beschäftigungen.)
Geringfügige Beschäftigungsverhältnisse waren vor ihrer Reformierung und dem Beginn der Minijob-Regelung, nicht nur durch Verdiensthöhe, sondern auch durch eine Höchststundenzahl definiert.
Der Bundesrat hat es abgelehnt, den Gesetzentwurf beim Bundestag zur Abstimmung vorzulegen. Somit ist ein weiterer Versuch, das Fortschreiten der sogenannten Brasilianisierung unserer Gesellschaft etwas abzubremsen, frühzeitig gescheitert.
Merkel will, dass die Tarifpartner aller Branchen, die bisher keine entsprechenden Tarifverträge haben, Mindestlöhne vereinbaren. Als Richtmaß für eine Untergrenze soll der Mindestlohn der Zeitarbeits-Branche dienen, der im Westen 7,79 EUR und im Osten 6,89 EUR beträgt. Die jeweiligen Mindestlöhne sollen dann allgemeinverbindlich für die jeweilige Branche werden.
Der Vorschlag vermeidet einen allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn, drängt die Branchen aber dazu, mit eigenen Mindestlöhnen endlich zu Potte zu kommen.
Dass selbst dagegen etliche wettern, zeigt wohin die Reise nach deren Vorstellung eigentlich gehen sollte.
Ob Merkel den Vorstoß zur Wahlkampfvorbereitung benutzt oder aber die Negativentwicklung bemerkt hat, wird man wohl nie erfahren.
Hätte sie noch länger gewartet, hätte sie jedenfalls in den Ausbeutungsbranchen wohl kaum noch Arbeitnehmervertreter für Tarifverhandlungen gefunden und ein gesetzlicher Mindestlohn wäre dann unumgänglich gewesen.
Im November soll zunächst auf dem CDU-Bundesparteitag über den Vorschlag CDU-intern abgestimmt werden.
Die Gewerkschaften DPVKOM und VERDI haben den Arbeitgeberverband Postdienste zu Tarifverhandlungen über einen Mindestlohn aufgefordert, zu dem dann auch Allgemeinverbindlichkeit beantragt werden solle. VERDI schreibt in der "bewegen 03/2011", dass die Politik ihr Unterstützung signalisiert hätte.
Dass der AGV Postdienste schon reagiert hätte, davon war bislang nichts zu lesen.
Im vergangenen Jahr waren Versuche VERDIs gescheitert, auch die Arbeitgeberverbände BBD (ehemals AGV NBZ) und BdKEP zu entsprechenden Tarifverhandlungen zu bewegen. Der Arbeitgeber PIN MAIL AG hatte sich gegen jegliche Tarifverhandlungen mit VERDI gesperrt.
Eine Studie der Input Consulting GmbH, die von der Gewerkschaft VERDI in Auftrag gegeben worden war, beschäftigt sich mit den Auswirkungen des Post-Mindestlohns, der 2008 allgemeingültig geworden war und nach zwei Jahren vom Bundesverwaltungsgericht aus formalen Gründen gekippt wurde.
Zwar hatte kaum ein Unternehmen ihn gezahlt, dennoch hat er vorübergehend als Dumpingbremse gewirkt, weil während seines Bestehens Löhne durchschnittlich zumindest um ein paar Prozentpunkte angehoben worden waren und somit auch die staatliche Subventionierung der Branchenunternehmen per Aufstockung durch Hartz IV verringert wurde. Zugleich gingen weder Geschäftsaufgaben noch Arbeitsplatzverluste auf sein Konto.
Durch das Außerkrafttreten der Allgemeingültigkeit ist nun wieder eine Absenkung der Löhne zu beobachten.
Nicht zuletzt mit Blick auf die im Mai 2011 in Kraft tretende vollständige Arbeitnehmerfreizügigkeit in der EU, fordert VERDI nun dringend politische Unterstützung für einen erneuten Mindestlohn in der Branche. Die Gewerkschaft will Gespräche mit dem AGV Postdienste und dem BdKEP aufnehmen. Letzterer soll bereits grundsätzliche Bereitschaft dazu signalisiert haben. Die Gespräche mit dem AGV NBZ hingegen sind schon im Juli final gescheitert.
Anfang des Monats hatte VERDIs Bundestarifkommission entschieden, als erstes die PIN MAIL AG (Berlin und Brandenburg) zu Tarifverhandlungen aufzufordern. Dort hat VERDI viele Mitglieder. Auf die umgehend erfolgte Aufforderung, hat VERDI bislang noch keine Antwort erhalten.
Wie es speziell mit diesem Thema weiter geht, siehe unter zustellerin.org/news/georg-von-holtzbrinck.html
Nachdem der Arbeitgeberverband NBZ entschiedenes Desinteresse an Verhandlungen mit VERDI gezeigt hat, wird VERDI nun die einzelnen Unternehmen der Briefdienstebranche, bei denen sie auseinandersetzungsfähig ist, zu Verhandlungen über Haustarifverträge auffordern.
VERDI wird parallel dazu ihr Bemühen um einen neuen allgemeingültigen Mindestlohn in der Branche fortsetzen.
Der AGV NBZ (seit 2011: Bundesverband Briefdienste, bbd) hat kein Interesse an Gesprächen mit VERDI über Mindestbedingungen für Angestellte in der Briefbranche. Er habe seit 2007 bereits einen tariflichen Mindestlohn, schreibt er am 20.05.2010 auf seiner Webpräsenz und meint damit den Tarifvertrag, den er seinerzeit mit der, von der PIN Group gekauften und u.a. deshalb von einem Gericht für tarifunfähig erklärten, GNBZ abgeschlossen hatte. Genauso gut könnte der NBZ einfach nur sagen: Wir haben ein für alle mal entschieden, was wir unseren Angestellten bezahlen wollen, basta.
Nun verlangt unser Recht aber etwas anderes von ihm. Und weil's diesbezüglich Regeln gibt, bleibt dem NBZ nichts weiter übrig, als in gewisser Weise die Form zu wahren und deshalb zumindest irgendwie auf VERDIS Kontaktaufnahmen zu reagieren. Dabei verhindert er es aber möglichst, tatsächliche Auskünfte zu geben und weicht, so lange es geht, offiziellen Gesprächssituationen aus.
Da man diese Ausweichtaktik auch in später vielleicht tatsächlich einmal stattfindenden Gesprächen anwenden kann, würde dann da voraussichtlich noch sehr lange absolut nichts bei rauskommen.
Als ähnlich problematisch hatte VERDI auch die Verhandlungsversuche beschrieben, die die Gewerkschaft weit vor Verabschiedung der Allgemeinverbindlichkeit des (mittlerweile nicht mehr allgemeingültigen) Post-Mindestlohns mit der damaligen PIN Group und TNT angestrengt hatte.
VERDI ist deshalb angehalten und befugt, Auskünfte einzuholen und Tarifverhandlungen mit dem NBZ zu führen, weil Mitarbeiter alternativer Briefdienste, die vermutlich im NBZ organisiert sind (genaue Auskunft gibt er ja nicht), Mitglied bei VERDI sind, ihre Interessen also von VERDI vertreten lassen.
Interessant ist in dem Zusammenhang auch, welche der beim NBZ organisierten Briefdienste bereits einen tatsächlich gültigen Tarifvertrag haben.
Letztlich stellt sich mittlerweile auch die Frage, ob der NBZ überhaupt 30 Unternehmen vertritt, wie er behauptet und ob er überhaupt in der Lage ist, seine Verbandsaufgabe, Tarifpartner zu sein, wahrzunehmen.
VERDI ist innerhalb der Briefzustellbranche die Gewerkschaft mit den - mit großem Abstand - meisten Mitgliedern.
Der NBZ (seit 2011: Bundesverband Briefdienste, bbd) ist zum Verhandlungstermin über einen Post-Mindestlohn, zu dem ver.di ihn für den 20.05.2010 eingeladen hatte, nicht erschienen.
Ver.di soll dem AGV NBZ (seit 2011: Bundesverband Briefdienste, bbd) angeboten haben, am Donnerstag, den 20.05.2010 Tarifverhandlungen aufzunehmen.
Welt.de berichtet, dass ver.di dafür einen Raum in einem Hotel angemietet hat und selbst dort mit einer Kommission erscheinen wird, während der NBZ (seit 2011: Bundesverband Briefdienste, bbd) vermutlich zu Hause bleiben werde.
Es steht nun rechtskräftig fest, dass die GNBZ keine tariffähige Gewerkschaft ist und mit ihr vereinbarte Tarifverträge ungültig sind. Die GNBZ zog ihre Beschwerde nämlich jetzt zurück, mit der sie sich gegen die vorgenannte Feststellung des Landesarbeitsgerichts Köln wehren wollte, teilte das Bundesarbeitsgericht am 15.04.2010 mit.
Damit haben nun nur noch die Deutsche Post und TNT einen jeweils eigenen Post-Mindestlohn. Arbeitgeber, die ggf. noch bei dem NBZ, in der Mehrheit aber wohl eher beim BDKEP organisiert sind, haben jedenfalls keinen (mehr).
Die Gewerkschaft ver.di bekräftigte erneut ihr Anliegen, nun mit allen gemeinsam einen neuen allgemeingültigen Post-Mindestlohn zu vereinbaren. Weder von Arbeitgeberseite noch von Seiten der Politik besteht daran allerdings derzeit Interesse. Hier kommt es lediglich zu moderaten Kommentaren zum Thema.
VERDI und DPVKOM werden es nicht leicht haben, alle wesentlichen Arbeitgeber und Arbeitgeberverbände zu Verhandlungen zu bewegen. Schon die Information darüber, wer überhaupt in den einzelnen Verbänden Mitglied ist, scheint zuweilen ein Geheimnis zu sein. Der NBZ (seit 2011: Bundesverband Briefdienste, bbd) jedenfalls hüllt sich diesbezüglich bislang in Schweigen. Vermutlich ist mittlerweile aber eh der BDKEP der wichtigste Verhandlungspartner, neben dem AGV Postdienste.
Die DPVKOM übergab am 14.04.2010 rund 20.000 Unterschriften für die Verlängerung des Post-Mindestlohns an das Bundesarbeitsministerium und bekräftigte die Notwendigkeit eines Post-Mindestlohns von 9,80 Euro, damit die Postbranche nicht unweigerlich in den Niedriglohnsektor abrutscht und Wettbewerb ausschließlich über die niedrigsten Löhne und schlechtesten Arbeitsbedingungen geführt wird.
Die Kommunikationsgewerkschaft DPV (DPVKOM) setzt sich erneut für einen Post-Mindestlohn von 9,80 Euro ein. Seit Ende 2009 hätten sich bereits zigtausende Beschäftigte und Bürger an ihrer laufenden Unterschriftenaktion beteiligt, ist auf verbaende.com zu lesen. Am Montag, den 12. April 2010, von 10:30 bis 15:00 Uhr, sammelt die DPVKOM nun in Berlin-Charlottenburg am Breitscheidplatz vor der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche weiter Unterschriften.
Laut Erhebung der Bundesnetzagentur gibt es bei den neuen Briefdienstleistern nach wie vor Stundenlöhne von 5,50 Euro.
Ver.di hat den AGV NBZ nun aufgefordert, mit ihr Verhandlungen zu einem Tarifvertrag über Mindestbedingungen für die Briefdienstebranche aufzunehmen und mitzuteilen, welche Unternehmen mit Tarifbindung er vertrete.
In den letzen Monaten sind etliche Mindestlöhne aus anderen Branchen allgemeinverbindlich geworden. Der bisherige Post-Mindestlohn in Höhe von 8,40 bis 9,80 Euro würde sich da gut einreihen, meint ver.di.
Dass die bis Ende kommenden Aprils befristete Mindestlohnverordnung verwaltungsrechtliche Mängel aufweist, war schon bekannt.
Die Pressestelle des Gerichts hat in ihrer Pressemeldung zum ansonsten noch nicht veröffentlichten Urteil, diesmal besonders hervorgehoben, dass die Regierung es versäumt hätte, die Post-Konkurrenten zu einer schriftlichen Abgabe ihrer Stellungnahme einzuladen.
Das allein wäre aber wohl die verrückteste aller Begründungen, insbesondere, wenn allein wegen ihr nicht einmal Bestandsschutz in Betracht gezogen worden wäre. Nicht nur, weil der Akt leicht nachgeholt werden könnte, sondern auch, weil die gesamte Presselandschaft, aus der Zeit, mir eine einzige offene Stellungnahme der Konkurrenten (PIN Group = Verlage) zum Thema gewesen zu sein scheint. Besser in unserer Republik zu Wort und zu Wahrnehmung kommen, als das sämtliche führenden Zeitungsverleger unserer Nation können und tun, ist ja wohl nicht möglich.
Was hatte man nicht alles versucht, um Stimmung gegen den Mindestlohn zu machen und was nicht alles investiert. Völlig ohne Erfolg bei der Mehrheit der Bevölkerung. Und als es auch nicht bei der Politik fruchtete, war mindestens ein Konzern so sauer, dass er die von ihm in die Welt gesetzte Pleitenprophezeiung wegen Mindestlohns für immer und ewig in die Medien als realisiert eingehen lassen wollte und konnte. Als er die Finanzierung der PIN Group (in Wahrheit aufgrund Missmanagements) stoppte, schrieb er dazu einfach: Erste Insolvenzen wegen Mindestlohns. Und noch heute kann man alle paar Wochen irgendwo lesen, dass der Mindestlohn bereits tausende (die der PIN Group) Stellen gekostet hätte. Zuletzt stieg die Zahl in der Presse sogar von 6.000 auf 11.000, auch ein interessantes Phänomen.
Also, schauen wir demnächst erst mal, wie das Urteil im Detail lautet und wie es begründet ist. Bei einem nächsten Anlauf, wie ihn VERDI fordert, könnte man dann ja wohl alles richtig machen. Auf Unterstützung durch die Politik wird man jetzt allerdings nicht mehr stoßen. Die FDP will sogar dagegen kämpfen.
Die PIN MAIL AG, Berlin, die (möglicherweise sogar als einzige der Kläger) den Mindestlohn gezahlt hat, hat dies bislang nur unter Vorbehalt getan und teilte jetzt mit, dass sie umgehend damit aufhöre. Sie gehört zur Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck, ist eine der größten und ältesten alternativen Briefdienstleisterinnen und hat als solche, im Gegensatz zu jüngeren Briefdienstleistern, schon gewachsenere Strukturen, mit gewerkschaftlich organisierten Mitarbeitern und einem Betriebsrat. Die PIN MAIL AG hatte vor dem Mindestlohn bereits einen Lohn, der immerhin deutlich höher lag, als die sonst üblichen Löhne bei Post-Alternativen.
TNT wird vorerst nicht noch weniger zahlen als bisher; denn TNT hat den Mindestlohn niemals gezahlt und hat, nachdem gerichtlich festgestellt worden war, dass die GNBZ, mit der man zunächst einen Tarifvertrag unterschrieben hatte, gar nicht tariffähig war, Führungspersonal in die CGPT entsendet und mit ihr dann Haustarifverträge abgeschlossen.
Die Wettbewerbssituation ändert sich, auch ohne Mindestlohn, erstmal nicht. Erst, wenn aktuelle Tarife ausgelaufen sind, könnten die Unternehmen versuchen, mit Hilfe weiterer Lohnabsenkungen Kampf-Niedrigporti zu finanzieren, um skrupellose Kunden abzuwerben.
Denn soviel steht fest: Beim hiesigen Wettbewerb geht es einzig darum, dass sich mehr Investoren und Anleger als zuvor am Geldtopf des Briefmarkts laben können und großversendende Konzerne und Unternehmen noch mehr sparen können, als bisher. Eine staatlich subventionierte Bereicherungsmöglichkeit für Wohlhabende und Wirtschaftsplayer ist Wettbewerb im schrumpfenden Markt, bei der abhängig beschäftigte und auch teils amtlich dazu genötigte Mitarbeiter verbraucht werden.
Geklagt hatten übrigens 1. PIN Mail AG, 2. BdKEP-Bundesverband der Kurier-Express-Post-Dienste e.V., 3. TNT Post Regioservice GmbH, 4. Ridas Sicherheits- und Handelsgesellschaft mbH.
Die Monopolkommission, ein fünfköpfiges Gremium mit der Lizenz zum Beraten, erwartet von der Regierung, dass sie den Post-Mindestlohn kippt. Der nämlich würde dem Arbeitsmarkt schaden, weil er viel mehr Niedriglohnjobs, als es sie zum Glück jetzt schon gäbe, verhindere. Die Kommission lobt in dem Zusammenhang die KEP-Branche, die davon schon eine so viel größere Menge geschaffen hätte.
Mithilfe der Ergebnisse einer Selbstauskunft der Unternehmen, erweckt die Kommission in ihrem "Sondergutachten Post 2009" den Eindruck, als würde bei den alternativen Postdiensten gar nicht sooo wenig gezahlt, wie angenommen, obwohl selbstredend deutlich weniger als der Post-Mindestlohn. Und das sei eben das, was vergleichbaren Geringqualifizierten [Fachkräfte für Kurier-, Express- und Postdienstleistungen sind offenbar gemeint] auf dem Markt geboten würde und auch nur geboten werden könne, wenn man Wettbewerb [den die Kommission will] bestehen wolle. Auch die DPAG könne daran künftig nicht vorbei und hätte ihr Einstiegslohnniveau ja auch bereits deutlich gesenkt.
Zugleich erwähnt die Kommission an anderer Stelle, dass die DPAG horrende Dividenden ausschütten könne.
Die bisherige Wettbewerbsschlappheit auf dem Postmarkt führt die Kommission vor allem auf den Post-Mindestlohn zurück. Offenbar schafft er es sogar, so zu wirken, ohne bezahlt zu werden; denn die angebliche Marktzurückhaltung wegen des Post-Mindestlohns von TNT wird als Beispiel angeführt. Die Kommission betont nicht zu knapp, dass damit die Prognose ihres letzten Gutachtens bestätigt würde.
Die Botschaft: Erst Niedriglöhne ermöglichen Wettbewerb. Wettbewerb ermöglicht wiederum eine noch größere Anzahl von Niedriglohnjobs.
Ich glaub man stellt sich künftig seeehr niedrige Löhne vor, noch viel niedrigere als jetzt; denn in dem Bild, das die Kommission von einer, ihrem Geschmack nach, rosigen Postdienstezukunft malt, würden unter Billiglohnbedingungen auch ganz viele kleine Unternehmen auf den Markt drängen, die sich das dann endlich leisten könnten. Sie würden bei Null anfangen und kämen auch nicht viel weiter, verdienten nie genug, um zu automatisieren, weshalb sie besonders viel Menschenkraft bräuchten.
Angeblich sollen auch noch die Versandpreise sinken können. Dann könnten Unternehmen viel mehr Werbung verschicken, die dann sicher Zielgruppen gerecht bei Teuerlöhnern von den Billiglöhnern zugestellt werden soll.
Sodom und Gomorrha soll also unsere Zukunft sein. Die Weichen dafür sind längst gestellt, aber Beschleunigung auf dem Weg dorthin und kein Abweichen vom Kurs wird gefordert.
Die FDP fordert in ihren Koalitionsverhandlungen mit der Union (CDU + CSU), dass die gemeinsame neue Regierung die Berufung gegen das Verwaltungsgerichtsurteil, das die Verordnung des Post-Mindestlohns als zum damaligen Zeitpunkt rechtswidrig erklärte, zurückzieht und damit den Post-Mindestlohn kippt.
VERDI forderte den Arbeitgeberverband Postdienste e.V. auf, gemeinsam mit ihr erneut einen Antrag auf Verordnung eines Post-Mindestlohns zu stellen.
Das wäre der schnellere Weg, um das Thema jetzt und langfristig zu klären. Alle verwaltungsrechtlichen Probleme im Zusammenhang mit der Anfang 2008 gültig gewordenen Verordnung, könnten bei einem neuen Anlauf vermieden werden.
Von verwaltungsgerichtlicher Seite wurde festgehalten, dass die erste Verordnung einen Passus enthielt, der nicht verordnet werden könnte, sondern als Gesetz vorliegen müsse, auf den sich die Verordnung beziehe. Mittlerweile liegt der Passus als Gesetz vor.
Da der Zoll vom Bundeswirtschaftsministerium angewiesen ist, keine Strafen zu verhängen, wenn der Post-Mindestlohn nicht gezahlt wird, solange die Klage gegen ihn nicht letztinstanzlich geklärt ist, stellen Unternehmer die Zahlung des Post-Mindestlohns zunehmend wieder ein. Bis aber die letzte Instanz geurteilt haben wird, werden noch Jahre vergehen.
Das darf man dann wohl als Wahljahr-Attacke der CDU gegen die SPD begreifen, keinesfalls als gemeinsame Regierungsarbeit. Das Arbeitsministerium nämlich, dessen Minister der SPD angehört, betont immer wieder, dass der Post-Mindestlohn nach wie vor rechtskräftig ist.
Offenbar gibt es keine Abstimmung mehr.
Kann es sein, dass Deutschland derzeit ohne Regierung ist und allerhand Posteninhaber gerade unkontrolliert machen, was ihnen persönlich beliebt?
Der Bundesrat hat den Gesetztesänderungen im Bereich Mindestarbeitsbedingungen und Entsendung weitestgehend zugestimmt. Somit erhält auch der Post-Mindestlohn nun das, was ihm, nach Aussage des Oberverwaltungsgerichts, bislang fehlte: Ein Gesetz, das die Post-Mindestlohnverordnung in ihrer vorliegenden Form erst abschließend ermöglicht. Nach Meinung des BdKEP macht das die alte Post-Mindestlohnverordnung jedoch nicht plötzlich gesetzeskonform, sondern man müsse das Verfahren dann schon ganz neu aufrollen. Der BdKEP kündigte außerdem Verfassungsklage gegen die Gesetzesänderung an.
Übrigens klagt der BdKEP auch gegen die Arbeitsagentur, die nämlich hatte 2008 in ihren Ausschreibungen den Post-Mindestlohn zur Voraussetzung gemacht.
Die neuen Gesetze zu den Themen Mindestarbeitsbedingungen und Entsendung, die der Bundestag bereits beschlossen hat und die den Bundesrat am 13.02.2009 noch passieren müssen, könnten den Post-Mindestlohn nachträglich stützen. Unter anderem deshalb macht der Arbeitgeberpräsident Hundt Stimmung gegen sie. Er sieht angeblich die Tarifautonomie in Gefahr und argumentiert auch damit, dass der Post-Mindestlohn tausende Arbeitsplätze gekostet hätte. Wer das Thema Post-Mindestlohn und Kündigungen im Postsektor aber verfolgt hat, weiß, dass das wahre Problem Tarifbetrug mittels gelber Gewerkschaften ist und die tausenden Kündigungen auf das Konto von Missmanagement gingen, nicht auf das Konto des Post-Mindestlohns.
Das Verwaltungsgericht Berlin, hatte in erster Instanz bestritten, dass man nur von einer Teil-Nichtigkeit der Verordnung reden könne, sondern behauptet, dass Formfehler immer zur kompletten Nichtigkeit der Verordnung führten. Das Gericht begründete das mit einem Nichtigkeitsdogma in der Literatur. Ob das Oberverwaltungsgericht diese Meinung gestern teilte, ist nicht bekannt, weil ein Urteils-PDF (noch) nicht vorliegt. Bislang gibt es lediglich freien Zugang zu einer Pressemitteilung.
Minister Scholz ist in dem Punkt anderer Meinung.
Aus diesem Grund ist also für alle, die den Post-Mindestlohn wollen, eine erfolgreiche Revision wichtig; denn, sollte die Verordnung wegen eines Fehlers an einer einzelnen Stelle, für komplett nichtig erklärt werden, dann hätte es quasi nie eine gültige Post-Mindestlohn-Verordnung gegeben.
Für Minister Scholz ist sicher eine Revision, die er umgehend angemeldet hatte, von Interesse, für die Zusteller/innen, die an den GNBZ-Tarifvertrag angeblich gebunden sind, ist das jedoch nicht von Belang; da der mit der GNBZ abgeschlossene Tarifvertrag eh ungültig ist. Zumindest ist für sie dann eine Revision nicht von Interesse, wenn ein negatives Urteil nicht die Verordnung als Ganzes, sondern nur den beanstandeten Punkt in ihr kippen würde.
Aktuell ist die Post-Mindestlohn-Verordnung jedenfalls nach wie vor rechtskräftig. Ein Verwaltungsgericht kann sie auch nicht außer Kraft setzen. Es kann mit einem Urteil nur darauf hinweisen, inwiefern das Ministerium die Verordnung rechtlich fundiert gestaltet hat. Das Urteil kann darüber hinaus zur Richtlinie in entsprechenden Fällen anderer Gerichte werden.
Beim heutigen Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg zum Thema Post-Mindestlohn wurden 1) ein Teil der Post-Mindestlohn-Verordnung an sich und 2) ihre Erstreckung auf alle in der Branche für nichtig erklärt. Und so ist das zu verstehen:
In beiden Punkten ist also ein alternativer Tarifvertrag entscheidend.
Die Kläger, PIN, TNT,..., gehen davon aus, dass sie einen eigenen Tarifvertrag hatten. Das zu bewerten, dazu hatte dieses Gericht keinen Auftrag. Ein anderes Gericht beurteilte das zuletzt bereits: Der Tarifpartner, die GNBZ, war nicht tariffähig, hieß es da. Ob es in der Sache ebenfalls eine zweite Instanz geben wird, weiß ich derzeit nicht.
Was sich mir aus den Artikeln zum heutigen Urteil noch nicht erschließt, ist, ob die Post-Mindestlohn-Verordnung nun gar nicht gelten soll oder nur der eine Passus nicht. Der ist schließlich bei der Beurteilung, ob die Kläger den Post-Mindestlohn zahlen müssen oder nicht, egal; denn sie hatten keinen eigenen gültigen Tarifvertrag. Somit wäre die Verordnung ansonsten auf sie anwendbar; denn: "Das Arbeitnehmer-Entsendegesetz lasse eine Übertragung von Mindestlöhnen nur auf tariflich nicht gebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu, erklärte eine Gerichtssprecherin" (de.reuters.com) des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Das Arbeitsministerium kann jetzt noch in Revision beim Bundesverwaltungsgericht gehen. Das dürfte aber nur dann interessant sein, wenn durch das heutige Urteil die komplette Post-Mindestlohn-Verordnung gekippt würde und das Ministerium dagegen etwas unternehmen will. Für andere Fragen, die in dem Zusammenhang interessant sind, ist ein VERWALTUNGsgericht offenbar nicht zuständig.
Es können, wenn die Verordnung, bis auf den Passus, noch gelten sollte, trotzdem noch ein bis zwei Jahre ins Land ziehen, bis das Thema abschließend geklärt ist. Denn es braucht offenbar mehr als Fakten, um den klagenden Parteien klarzumachen, dass ein Vertrag mit der GNBZ kein Tarifvertrag ist und, dass die Tarifverträge, die nachher abgeschlossen wurden, zu spät kamen.
Ob sie zahlen müssten/mussten oder nicht, sollen PIN und TNT jedenfalls beim Arbeitsgericht klären lassen, sagte das Oberverwaltungsgericht, das offenbar nur über verwaltungsrechtliche Fragen befindet.
Text | Fernsehbeitrag | Fernsehbeitrag XL-Version
Seit die neuen Briefdienste keine Hungerlöhne mehr zahlen dürfen, ändert sich vielerorts die Arbeit von Zeitungs- und Prospektzustellern sowie von Kurieren derart, dass sie nun auch (mehr) Briefe zustellen. Gerne werden zudem Firmen gleich so ge- oder verstrickt, dass reine Briefzusteller nicht in den Genuss des Mindestlohns kommen. Man bildet einfach verwalterisch keine eigene Abteilung für sie und präsentiert sich ansonsten mit anderem Hauptgeschäft. Aber lästig ist Unternehmern das schon. Arbeitgeberverbände der beteiligten Branchen wettern daher ohne Unterlass gegen den Post-Mindestlohn.
Die TNT Post, eindeutig ein Briefzustellunternehmen, hatte sogar nur "Phh" gesagt und den Mindestlohn einfach nicht gezahlt. Im Gegenteil, sie hatte Ende letzten Jahres ihren Angestellten neue Arbeitsverträge vorgelegt, in denen sie nun nicht mehr als Zusteller in der Briefdienstleister-, sondern in der Mehrwertbriefdienstleister-Branche galten. Bei der Gelegenheit hat man auch gleich den STUNDENLOHN NOCH WEITER RUNTER GESETZT. Die TNT-Mitarbeiter, die allesamt nicht organisiert waren, fühlten sich genötigt, das zu unterschreiben.
TNT war sich sicher, dass der Post-Mindestlohn im Nachhinein gekippt würde. Gemäß der Argumentation von Mindestlohn-Gegnern, dass eigene Tarifverträge gegenüber politisch verabschiedeten vorgingen, hat TNT kürzlich dann vorsichtshalber, aber eben nachträglich, doch noch schnell einen Haustarifvertrag abgeschlossen, als gäbe es eine Post-Mindestlohnverordnung noch gar nicht. Die hauseigenen Mindestlöhne liegen selbstverständlich deutlich unterhalb des Post-Mindestlohns. Mit der GNBZ hätte der Abschluss eines Haustarifvertrags keinen Sinn mehr gemacht, wohl deshalb wurde mindestens ein leitender Angestellter der TNT Post Mitglied bei der kleinen christlichen Gewerkschaft CGPT, mit der dann postum der Tarifvertrag abgeschlossen wurde. Die CGPT war 2007 eine der Gewerkschaften, die den Post-Mindestlohn mit der DPAG abgeschlossen hatten. Sie hatte aber zuletzt dann doch wieder selbst gegen ihn argumentiert. Ergebnis göttlicher Eingebung? Oder TNT-Einflüsterung? Das darf man sich wohl fragen, wenn man ganz nebenbei auch liest, dass bei der TNT Post am neuen Standort Wuppertal sofort ein Betriebsrat gewählt wurde, dessen Vorsitzender zugleich der NIEDERLASSUNGSLEITER des Standorts und CGPT-Mitglied ist. Eine interessante erstmalige TNT-Betriebsratswahl. Besser kann man wahre Mitbestimmung wohl kaum verhindern. - Die Altmeister der PIN Group dürften sich von TNT vorgeführt fühlen, hatten sie doch Hunderttausende für eine eigene Gewerkschaft ausgegeben, dabei hätte es ein Mitgliedsbeitrag bei der CGPT offensichtlich auch getan. Womit dann auch gleich unser ganzes diesbezügliches System infrage gestellt wäre.
Kein Wunder, dass nun auch alle anderen, die bislang den Post-Mindestlohn zahlen, unruhig werden. Sollte etwa doch alles möglich sein? Ist man der Dumme, wenn man zahlt?
Das Szenario bieten uns passionierte Billiglohn-Unternehmer also, während es eigentlich eine gesetzlich vorgeschriebene Lohnuntergrenze für Briefzusteller gibt. Wozu würde dann erst eine Zurücknahme derselben führen?
Häufig liest und hört man immer noch, dass der Post-Mindestlohn Arbeitsplätze gefährde, ja bereits tausende Arbeitsplätze gekostet hätte. Eigentlich dürfte jedoch mittlerweile hinlänglich bekannt sein, dass diese Aussage falsch ist; denn ...
Die Frage ist außerdem, ob der mit der GNBZ geschlossene Tarifvertrag überhaupt noch als solcher gelten kann. Mittlerweile Ist nämlich bekannt, dass die GNBZ von den Arbeitgebern selbt gegründet wurde. Wenn sie eine Scheingewerkschaft ist, die in Wahrheit nicht unabhängig Arbeitnehmerinteressen vertrat, sondern der Befriedigung von Arbeitgeberinteressen diente, dann müsste jeder mit ihr geschlossene Tarifvertrag wertlos sein.
Die Gewerkschaft VERDI hatte zuletzt Strafanzeige gegen sämtliche Vorständler der GNBZ gestellt, wegen des begründeten Anfangsverdachts auf Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr. Es lagen damals bereits genügend Indizien vor, die zeigten, dass die GNBZ von Arbeitgebern gegründet worden ist und auch von ihnen finanziert wurde. (Siehe Report Mainz, 10.03.08, zum Thema: Video oder Textversion), mittlerweile sind noch mehr Details bekannt und die Finanzierung durch die Arbeitgeber ist völlig unstrittig. Die Staatsanwaltschaft konnte dem Strafantrag jedoch nicht stattgeben, weil der Tatbestand der "Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr" eng gefasst ist und im Verhältnis zwischen (angeblichen) Tarifpartnern keine Anwendung finden kann. (Siehe hierzu auch gnbz.html, zustellerin.org.)
Am 07.03.2008 hat die 4. Kammer des Verwaltungsgerichts Berlin entschieden, dass die Ausweitung des Post-Mindestlohns auf diejenigen Briefdienstleister, die mit der GNBZ einen Tarifvertrag abgeschlossen haben, der geringere Zahlungen vorsieht, nicht rechtmäßig sei. Dagegen hat das Bundesarbeitsministerium Berufung eingelegt, weshalb das Urteil nicht rechtskräftig und der Post-Mindestlohn nach wie vor in Kraft ist. Eine nächste Etappe im Rechtsstreit bzgl. des Post-Mindestlohns wird das Oberverwaltungsgericht sein. Eine Verhandlung dort wird vermutlich in etwa sechs Monaten stattfinden. Die Kläger drohen mit Schadensersatzklagen gegen die Bundesregierung. Dort gibt es die üblichen unterschiedlichen Reaktionen zum Thema: Der schwarzgelbe Flügel will die Mindestlohn-Verordnung sofort außer Kraft setzen, die CDU-Führung will das Thema Mindestlöhne jedoch nicht noch einmal zum Streitpunkt machen, die SPD steht nach wie vor zum Post-Mindestlohn. Diejenigen, die am Post-Mindestlohn festhalten, gehen davon aus, dass das bisherige Urteil in nächster Instanz keinen Bestand haben wird.
Der Post-Mindestlohn, der allgemeingültig ist und ab 01.01.2008 gezahlt werden muss, wird nicht von allen Briefdienstleistern gezahlt. TNT Post z.B. verweigert ihn völlig. Die Geschäftsführung der PIN hingegen hat sich am 23.01.2008 dazu entschlossen, ihren Tochterfirmen die vorläufige Zahlung des Post-Mindestlohns zu empfehlen, bis zu einer etwaigen gegenteiligen gerichtlichen Klärung zumindest. Es ist aber nur von der PIN AG Berlin bekannt, dass sie dieser Empfehlung folgte. Unternehmen der PIN-Group, die TNT Post und der BdKEP klagen gemeinsam gegen den Post-Mindestlohn und wollen den von ihnen mit der GNBZ geschlossenen Tarifvertrag nutzen. Die GNBZ steht im Verdacht, von ihnen selbst gegründet worden zu sein und gelenkt zu werden.
Der Post-Mindestlohn, von 8,00-9,80 Euro (je nach Art der Arbeit und Bundesland), der zwischen dem AGV Postdienste und den Gewerkschaften VERDI, CGPT und DPVKOM per Mindestlohn-Tarifvertrag beschlossen worden war und anschließend beim Bundesarbeitsministerium zur Aufnahme in das Entsendegesetz vorgelegt wurde, hat durch Beschluss des Bundestages am 14.12.2007 und Bestätigung des Bundesrates am 20.12.2007 Allgemeingültigkeit erreicht und ist seit dem 01.01.2008 gültig (bis 2010).
Der Post-Mindestlohn-Tarifvertrag wurde zwischen dem Arbeitgeberverband Postdienste e.V. (rund 25 Unternehmen der Postbranche, bestehend aus Deutsche Post AG, weiteren Unternehmen des Post-Konzerns sowie einer Reihe mittelständischer Briefdienstleister) auf Arbeitgeberseite und den Gewerkschaften Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di), Christliche Gewerkschaft Postservice und Telekommunikation (CGPT) sowie der Kommunikationsgewerkschaft DPV (DPVKOM) auf Arbeitnehmerseite abgeschlossen. Es gab zwei Anläufe, den Post-Mindestlohn-Tarifvertrag (Mindestlohn: 8,00 - 9,80) für allgemeingültig erklären zu lassen. Eine erste Version des Post-Mindestlohn-Tarifvertrags grenzte nicht auf Zusteller ein, die vorwiegend mit Briefzustellung beschäftigt sind, sondern hatte den Mindestlohn für alle Zusteller vereinbart, die auch Briefzustellung betreiben. Hierbei war jedoch strittig, ob die Tarifparteien die Mehrheit der betreffenden Angestellten stellen bzw. vertreten, was eine Allgemeingültigkeit des Tarifvertrags der ersten Version verhinderte. Die Tarifparteien haben den Tarifvertrag dann nachträglich dahingehend geändert, dass die Zielgruppe eingegerenzt wurde. Damit wurde unstrittig, dass die Tarifparteien mehr als die Hälfte der Beschäftigten in dem Bereich vertreten. Die Änderung bestand aus der Einfügung des Wortes "vorwiegend". Der Post-Mindestlohn soll danach allgemeingültig für all jene Betriebe und Angestellten sein, die vorwiegend mit Briefzustellung beschäftigt sind.
Die Konkurrenten PIN Group und TNT Post waren zuvor dem AGV Postdienste e.V. nicht beigetreten und haben später einen eigenen Arbeitgeberverband, den NBZ (Neue Brief- und Zustelldienste) (seit 2011: Bundesverband Briefdienste, bbd) gegründet.
Eigene Tarifverträge hatten PIN MAIL und TNT Post bis zum 14.12.2007 nicht. Entsprechende Gespräche zwischen VERDI und z.B. PIN blieben vor Monaten an der Stelle stecken, an der PIN hätte Zahlen vorlegen müssen. Später wurde außerdem eine neue Gewerkschaft für Briefdienstleister, die GNBZ gegründet, deren Ziele sich fast deckend an den Verlautbarungen der Arbeitgeber, die in der NBZ (seit 2011: Bundesverband Briefdienste, bbd) verbunden sind, orientieren. Die GNBZ steht im Verdacht, von den Arbeitgebern gegründet und finanziert worden zu sein und gelenkt zu werden.
Das Postgesetz sieht vor, dass die Arbeitsbedingungen überall gleich sind. Davon ist die Vergabe und der Erhalt von Lizenzen für das Briefgeschäft abhängig. Die Bundesnetzagentur, Lizenzvergabestelle und Aufsichtsbehörde, blieb bis vor kurzem bzgl. ihrer Aufsichtspflicht jedoch untätig, erst nach öffentlichem Druck, versuchte sie, Angaben über die Arbeitsbedingungen dei den neuen Briefdienstleistern einzuholen und bekam bislang nur unzureichend Antwort.
Der Arbeitgeberverband Neue Brief- und Zustelldienste (AGV NBZ) (seit 2011: Bundesverband Briefdienste, bbd), dem vor allem PIN MAIL und TNT Post angehören, sowie die Gewerkschaft Neue Brief- und Zustelldienste (GNBZ), die im Verdacht steht, von den Arbeitgebern gegründet worden zu sein und die die gleichen niedrigen Entlohnungsziele wie der AGV NBZ (seit 2011: Bundesverband Briefdienste, bbd) verfolgt, haben nach monatelangem Kampf gegen den Post-Mindestlohn, direkt nach der Entscheidung des Bundestags am 14.12.2007 bekannt gegeben, dass sie sich der Branche, die vom Post-Mindestlohn betroffen ist, nun doch nicht zugehörig fühlen. Sie legten noch am gleichen Tag einen eigenen Mindestlohn-Tarifvertrag (6,50 im Osten, 7,50 im Westen) zur Aufnahme in das Entsendegesetz vor, der für die Branche der Mehrwertbriefdienste, nicht der Briefdienste gelten solle. In dieser Branche würden sie mehr als 50% der Angestellten stellen. Erst hieß es, es handele sich um eine eigene Branche, weil die Post diese Dienste nicht anbiete, später hieß es, es handele sich um eine Unterbranche, weshalb der speziellere Tarifvertrag gelten müsse. Da sich abzeichnet, dass die Politik nicht bereit ist, diesen Vertrag ebenfalls ins Entsendegesetz aufzunehmen, hat der AGV NBZ (seit 2011: Bundesverband Briefdienste, bbd) bereits damit gedroht, Rechtsmittel einzulegen.
Mehrwertbriefdienste sind so genannte qualitativ höherwertige Leistungen, wie etwa taggleiche Zustellung, termingenaue Zustellung oder Sendungsverfolgung. Also alles außer der Beförderung und Zustellung unregistrierter Post, wie etwa Briefe, die durch Einwurf in einen Postkasten eingeliefert wurden. Mehrwertdienste leiste die DPAG gar nicht, behaupten AGV NBZ (seit 2011: Bundesverband Briefdienste, bbd) und GNBZ, laut Meldungen. (Eine Erläuterung dieser Behauptung habe ich jedoch noch nicht gefunden. Bislang wirkt sie auf mich falsch. Möglicherweise hat es jedoch etwas damit zu tun, wie die Bundesnetzagentur Dienstleister-Daten in ihren Statistiken sortiert.)
TNT Post hat angekündigt, künftig nun doch keine einfache Privatpost im großen Stil entgegen nehmen zu wollen, sondern sich weiter auf Geschäftspost zu konzentrieren. So vermeidet das Unternehmen, letztlich doch "vorwiegend" solche Briefdienste zu erledigen, die nach ihrer eigenen Definition, einzig in den Bereich des Post-Mindestlohns gehörten.
Auf die Idee der Branchenunterscheidung konnte der AGV NBZ (seit 2011: Bundesverband Briefdienste, bbd) dadurch kommen, dass die Bundesnetzagentur bei ihren Berichten die Zahlen solcher Dienste immer (nochmal) speziell ausweist. Es geht dabei um die Art der Lizenzen, für deren Vergabe die Bundesnetzagentur zuständig ist. Möglicherweise hat der AGV NBZ den Tipp direkt vom Wirtschaftsministerium, dem die Bundesnetzagentur untersteht, bekommen, da es sich ja durchgängig NBZ-nah präsentiert und letztlich auch dafür verantwortlich ist, dass die Bundesnetzagentur die Einhaltung der Bestimmungen des Postgesetzes nicht oder nicht umfassend und vehement verfolgt.
Tatsachen können sich sehr schnell ändern und Quellen missverstanden worden sein.
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